Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur kommunalen Verpackungssteuer im Volltext veröffentlicht 

Einwegkunststoffprodukte Einwegkunststoff

Wir kommen auf einen vorherigen Beitrag zurück in welchem wir über das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.05.2023 (Az.: 9 CN 1.22) berichtet hatten. Das Gericht hatte entschieden, dass eine kommunale Satzung über die Erhebung einer Einweg-Verpackungssteuer im Wesentlichen rechtmäßig ist. Die Urteilsgründe liegen nunmehr im Volltext vor.

Geklagt hatte die Betreiberin einer McDonald’s Filiale in Tübingen gegen die kommunale Verpackungssteuersatzung. Diese sieht vor, dass je 50 Cent für Einweggeschirr und Einwegverpackungen sowie 20 Cent für Einwegbesteck fällig sind, höchstens aber 1,50 Euro pro „Einzelmahlzeit“. Neben mehr Geld für den städtischen Haushalt will die Stadt mit der Steuer für weniger Müll im öffentlichen Raum sowie für mehr Anreize zur Verwendung von Mehrwegsystemen sorgen.

In den nun veröffentlichten Urteilsgründen stellt das Gericht u. a. fest, dass es keinen Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes gebe. Der kommunale Satzungsgeber dürfe durch eine Lenkungssteuer nicht in den Regelungsbereich des Bundesgesetzgebers einwirken, wenn dieser den steuerlich verfolgten Lenkungszweck ausgeschlossen oder gegenläufige Lenkungswirkungen oder Handlungsmittel vorgeschrieben habe, was hier aber nicht der Fall ist. Auch stehe die Steuer im Einklang mit der Abfallhierarchie, da die Verpackungssteuer in erster Linie der Abfallvermeidung gelte, die das oberste Ziel des Abfallrechts ist. Das Ziel der Abfallvermeidung könne nach Ansicht des Gerichts auch durch die Kommunen vorangetrieben werden.

Die Norm, die den Steuersatz pro Einzelmahlzeit auf maximal 1,50 Euro begrenzt, sei wegen des Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot unwirksam. Dies führe jedoch nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Satzung.

Anmerkung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass Städte und Gemeinden grundsätzlich eine Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen erheben können, um unnötigen Abfall zu vermeiden und u. a. einen Anreiz zur Verwendung von Mehrwegsystemen zu setzen. Die lokale Verpackungssteuer kann somit zu einem Instrument in einem ganzheitlichen Konzept gegen die Müllverschmutzung in den Städten entwickelt werden. Die Entscheidung ist vor dem Hintergrund des gemeindlichen Steuerfindungsrechts als Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltung zu begrüßen.

Ein „Allheilmittel“ ist eine solche Verpackungssteuer gleichwohl nicht, sie kann immer nur ein ergänzendes lokales Instrument zu einem Abfallvermeidungskonzept sein. Jede Gemeinde muss im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse abwägen, ob die Erhebung einer solchen Steuer wirklich den zusätzlichen Verwaltungsaufwand rechtfertigt und ob das Ziel der Abfallvermeidung nicht anderweitig besser erreicht werden kann.

Das BVerwG betont, dass sich die Rechtmäßigkeit der Verpackungssteuer bezogen die Widerspruchsfreiheit zum abfallrechtlichen Bundesrecht auf die zurzeit geltenden gesetzlichen Regelungen bezieht. Zukünftige Rechtsänderungen (wie etwa das Einwegkunststofffondgesetz) können dagegen zum jetzigen Zeitpunkt nicht Prüfungsmaßstab für die Rechtmäßigkeitsprüfung sein. Insofern sind auch die praktischen Auswirkungen des novellierten Verpackungsgesetzes des Bundes und das in den kommenden Jahren Inkrafttreten Einwegkunststofffondsgesetz in eine Abwägung der Städte und Gemeinden mit einzubeziehen.

Das Urteil ist abrufbar unter: www.bverwg.de

Die Klägerin im Verfahren hat nunmehr Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht erhoben. Sie begründet das mit der ihrer Auffassung nach nötigen bundesweit einheitlichen Lösung einer Einweg-Verpackungssteuer. Über weitere Entwicklungen wird in gewohnter Art informiert.

25.09.2023